Mittwoch, 6. September 2006

Ich bremse für Müll

Nein, das mach ich eigentlich ja eher nicht. Für Müll bremsen, meine ich. Aber heute konnte ich einfach nicht widerstehen. Obwohl ich schon vorbei war an dem verknödelten Bündel. Also abgebremst und im Bogen zurück zu dem Haufen am Wegrand.

Meine Aufmerksamkeit erregt hatte ein rotes Kleidungsstück, das ich während der Vorbeifahrt als Bikini erkannt zu haben glaubte. Ein roter Bikini in einem nassen Haufen Zeug am Straßenrand? Bei genauerem Hinsehen entpuppte sich der rote Stoff nicht als Bikini, sondern als Stringtanga.

Nein, ich fang nicht schon wieder damit an, anderer Leut Kleidungsvorliebe zu kritisieren. Vielmehr mach ich mir Gedanken über das Bündel am Wegrand. Genauer gesagt um die Geschichte, die von dem Bündel erzählt werden könnte, wenn es denn reden könnte:
Wie mag es gekommen sein, dass sich ein roter Stringtanga, regendurchnässt und dreckig zusammen mit einem ehemals weißen T-Shirt und einer Jeansjacke neben drei zerknautschten Dosen (Jim) Beam & Cola am Rande eines Bürgersteigs räkelt, in der Vormittagssonne dampfend, an einer Stelle, die am Vorabend definitiv noch frisch gekehrt gewesen war.

Andere Menschen hätten wahrscheinlich die Polizei benachrichtigt. Oder wenigstens den Haufen mit dem Handy geknipst, um hinterher mit Belegfoto über die merkwürdige Begebenheit schwadronieren zu können. Zum Beispiel in einem Weblog.

Ich hingegen habe mir bloß den Wäschezettel des Stringtangas angesehen --Größe S, 90-95, was auch immer das bedeuten mag-- und rätsle seither, was da passiert sein mag heute Nacht. Könnte mir gepasst haben, das Ding.


Nachtrag, so gegen 23 Uhr: Die zweite Spurensicherung auf dem Heimweg förderte Erstaunliches zu Tage. Verschwunden waren T-Shirt und Jeansjacke. Am Tatort zurück blieben die leeren Whiskeymixdosen und der rote Tanga. Hm, was soll ich davon nun halten?

Donnerstag, 31. August 2006

Rasiermesserscharf

Ich: Was machst du da?
Herr B.: Ich rasiere mich.
Ich: Das sehe ich. Meine Frage war tropischer Natur. Warum rasierst du dich?
Herr B.: Weil ich stoppelbärtig bin. Ist es dir zu heiß im Badezimmer?
Ich: Nein, es ist nicht heiß hier drin. Wieso fragst du?
Herr B.: Weil du tropische Fragen stellst.
Ich: Haha.

(Pause)

Ich vor dem Hintergrund der spätabendlichen Uhrzeit: Willst du noch mal weg?
Herr B.: Heute nicht mehr.
Ich: Warum rasierst du dich dann?
Herr B.: Weil mir langweilig ist.
Ich: Aha.
Herr B.: Männer rasieren sich manchmal, wenn sie sich langweilen. So wie sich Frauen die Fußnägel lackieren. Oder die Fingernägel. Oder die Beine. Rasieren, die Beine, meine ich jetzt.

(Pause)

Herr B.: Langeweile ist der perfekte Geisteszustand, um Aufgaben mit größtmöglicher Akribie und Perfektion zu erledigen. Es stellt sich dann nicht die Frage, ob das Ergebnis im Verhältnis zum Aufwand steht. Der Weg ist das Ziel. Letzthin zum Beispiel hatte ich das Gefühl, dass mein Steuerbescheid in einem Moment gähnender Langeweile erstellt wurde. Ich wünschte, Finanzbeamte würden sich häufiger rasieren. Zumindest wenn sie keine Frauen sind.

(Pause)

Herr B. leise singend zur Melodie von Bésame mucho: Rasúrame, rasúrame a fondo …
Ich, von der Badezimmerbühne abtretend: --


Des Herrn B. Spanisch ist bisweilen grausam. Die Wiedergabe der vorausgegangenen, elementaren Konversation hat die Leserschaft alleine den poodleschen Ausführungen über die amorphe und tektonische Langeweile zu verdanken.

Montag, 28. August 2006

1 hypothetische Frage

Nur mal angenommen, eine Ihrer Bekannten würde Ihnen folgende Geschichte auftischen:
Sie sei ja schon jahrelang in der gleichen Firma angestellt und kenne daher sehr viele Kollegen per du. Fast schon als Freund würde sie zum Beispiel den Sysadmin aus der EDV bezeichnen. Eben dieser möge sie auch recht gern und habe sie eines Arbeitsabends noch auf ein Bier eingeladen. Äußerst dringlich habe er sein Anliegen gemacht.

Beim Feierabendtoast habe er ihr eröffnet, dass er den dienstlichen Auftrag erhalten habe, die Internetaktivitäten aller Mitarbeiter einschließlich des Mailverkehrs zu überprüfen. Und nun müsse er sie eigentlich der Revision melden, Ihre Bekannte. Nicht wegen der Mails, sondern wegen ihrer überschäumenden Surfgewohnheiten.
Leider aber sei ihm, dem Admin, wegen einer Unachtsamkeit einige Protokolle verloren gegangen. Die beiden letzten Monate fehlten jetzt vollständig in seiner Auswertung. Das komme schon mal vor. Aber ab dem darauf folgenden Tag würde er ganz besonders gewissenhaft weiter recherchieren, das habe er seinem Vorgesetzten zerknirscht versprochen.
Ja, also denn man Prost!, habe der Sysadmin gesagt und gleich mal eine zweite Runde Bier bestellt.

Was, so frage ich Sie, müssten Sie nun Ihrer völlig konsternierten, hypothetischen Bekannten raten?

Sonntag, 27. August 2006

Hinkebeins Almabtrieb

Na, endlich ist es um die Schickse geschehen!, höre ich Sie schon jubeln. Da hat sie Albert das Tier auftreten lassen, so richtig schön mit Knalleffekt und die Sympathien sind auch klar verteilt. Außerdem, wie rührend, hat der Kerl auch noch nen Klumpfuß, so dass gar niemand umhin kann, zusammen mit der Schickse Tränen der Ergriffenheit zu vergießen wegen ihrer sozialen Ader, wenn sie sich dann endlich dem Tier hingibt. Ein wenig durchsichtig das Ganze vielleicht? Aber Artztromane haben schließlich auch ihre Leserschaft.

Tatsächlich, so befürchte ich, muss ich Sie wieder mal enttäuschen. Gewiss, es gab wahrscheinlich so gut wie kein Mädchen in unserer Klasse, das nicht zumindest in der Einsamkeit ihres Zimmers das ein oder andere Mal einen Seufzer ausgestoßen hätte beim Gedanken an Albert. Der hatte das gewisse Etwas, trotz seiner Behinderung. Oder vielleicht wirklich --ich räume diese Möglichkeit durchaus ein-- gerade wegen der Behinderung.
Nur die M., seine Banknachbarin wider Willen, schüttelte es vor Ekel beim Gedanken an den Neuen. Aber das war kein Wunder, denn die M. hatte einfach völlig eigene Vorstellungen von Männlichkeit. Für sie mussten echte Männer teure, dunkle Anzüge tragen und nach exklusivem Rasierwasser duften. Persönliche Schwächen waren in den Augen der M. unmännlich. Ein Tier wie diesen Albert würde sie höchstens mal an der Leine ausführen, aber nie auch nur in die Nähe ihres Bettchens lassen.

Dabei war Hinkebein, wie ihn der Franz, absolut geschmackssicherer Style Guide der Klasse, nach wenigen Tagen getauft hatte, ein ungeheuer kluger Kopf. Die Klassenarbeit über den Fontaneroman am Tag seines spektakulären Auftritts, hatte er ohne je zuvor an unserem Unterricht teilgenommen zu haben und mit einstündiger Verspätung noch mitgeschrieben und dafür das Non plus ultra, satte fünfzehn Punkte, kassiert. Mathe und Physik waren nicht so sehr sein Fall, aber im Deutschunterricht machte ihm niemand etwas vor. Selbst der Neuberger wurde vorsichtig, wenn Albert eine seiner gewagten Thesen aufstellte. Zweimal war es passiert, dass der Schüler den Lehrer argumentativ vorgeführt hatte.

Tatsächlich wäre Albert in intellektueller Hinsicht schon der Richtige für mich gewesen. Aber da war noch etwas anderes, mehr ein Gefühl, das ich nicht genau definieren konnte, das mich abstieß. Der Klumpfuß war es nicht, es hatte mit der Art zu tun, in der Albert Frauen und Mädchen ansah. Ich musste unwillkürlich an einen Kannibalen denken, wenn ich Albert einmal alleine begegnete und seinen Blick auf mir spürte. Mir war jedesmal unwohl dabei.

Endgültig auf meiner Liste der unerwünschten Personen landete Albert nach einer Begebenheit, die sich während der Sommerferien zutrug.

Es war August, ein heißer August in jenem Jahr. Die P. und ich waren im Städtchen unterwegs, Klamotten probieren, Eis schlecken, Cola trinken und dazu eine rauchen.
In diesem Jahr waren rückenfreie Tops mit Spaghettiträgern, die im Nacken zusammengebunden wurden, der letzte Schrei. Wir hatten eben einen Teil unseres Geldes in zwei dieser Tops gesteckt, die P. in ein maisgelbes und ich in ein cremefarbenes. In unserer brandneuen Sommergarderobe hatten wir uns beieinander untergehakt und waren gut gelaunt unterwegs zur Bücherei, um frischen Lesestoff fürs Schwimmbad zu besorgen.


Bei dem herrlichen Wetter ist natürlich kein Mensch in der Stadtbücherei und wir wähnen uns zu zweit alleine zwischen den Regalen auf der Suche nach Lektüre. Deshalb trifft mich fast der Schlag, als ich um eine der Regalwände biege und dort unvermittelt Albert gegenüber stehe. Mein Schreck manifestiert sich in einem kieksenden Schrei, der sofort die P. herbeieilen lässt.

Da stehen wir beide eng nebeneinander und starren ziemlich entgeistert Albert an. Der hat nämlich mitten in der Bücherei die Hosen heruntergelassen, steht dort in einem dunkelroten T-Shirt mit dem Konterfei von Charles Bukowski auf der Brust, den ich damals noch nicht kannte, und ist ohne Zweifel gerade dabei, sich einen runterzuholen. Ich starre mit einer Mischung aus Entsetzen und Neugier auf diesen Penis, den Albert losgelassen hat und der nun mit wippender Spitze schräg nach oben von seinem Unterleib absteht. So ein riesenhaftes Glied habe ich noch nie gesehen. Genau genommen habe ich zuvor überhaupt noch keinen erigierten Penis in natura gesehen, aber im Vergleich zu den Aufklärungsbildern in Mädchenzeitschriften ist Alberts Speer schlicht monströs.

Ohne auch nur den Versuch zu unternehmen, die peinliche Situation zu beenden, sieht uns Albert an mit seinem hungrigen Kannibalenblick, und mir läuft dabei ein kalter Schauer den Rücken hinunter. Er aber sagt ganz beiläufig, so als müsse er uns an eine Schulveranstaltung erinnern: Almabtrieb. Bald ist die Zeit für den Almabtrieb. Die Stiere müssen gemolken werden.
Und er greift erneut nach seiner Lanze und fängt an, sie mit den Fingern zu massieren. Alberts Blick wandert zwischen der P. und mir hin und her, und er scheint uns beide auffressen zu wollen.

Auf einmal habe ich panische Angst vor der Situation, in die wir da unvorbereitet hineingestolpert sind. Das Herz pocht wild in meiner Brust und unbewusst weiche ich einen halben Schritt nach hinten aus. Die P. aber hat schon wieder diese glasigen Augen und statt an meiner Seite zu bleiben geht sie auf den Albert zu. Ich will die Freundin rufen, aber die Stimme versagt mir. Dann steht sie auch schon direkt vor dem Kerl, streckt beide Hände aus und greift nach seinem Glied, das er ihr entgegenstreckt.
Ich kann meinen Blick nicht abwenden, habe vor Anspannung die geballten Fäuste gegen Mund und Wangen gepresst, die Ellenbogen eng an meine Brust gedrückt. Die P. nimmt das Glied wie ein verletztes Vogeljunges in beide Hände, und im gleichen Moment ejakuliert Albert.
Augenblicklich löst sich die Lähmung, die mich erfasst hatte, ich mache auf dem Absatz kehrt und renne fort, hinaus aus der Bibliothek, nur weg, solange bis mir der Atem ausgeht dort draußen in der Sommerhitze. Hinter einem Gebüsch erbreche ich mich.


Auf der Lehne der Parkbank, dem Stammplatz der P. und mir, warte ich auf die Freundin. Zum Glück dauert es keine halbe Stunde, bis sie auftaucht und mich von meinen Selbstvorwürfen erlöst, sie im Stich gelassen zu haben.
Da sitzt sie neben mir, immer noch mit dem glasigen Blick in den Augen, mit einer Zigarette zwischen den Lippen, und vorne auf ihrem neuen, gelben Top trocknet Alberts Sperma.

Nein, sie ekle sich nicht. Weder vor dem, was in der Bücherei vorgefallen sei, noch vor dem Klumpfuß, falls ich das auch wissen wolle. Ja, die Gier in seinen Augen sehe sie auch, aber sie habe keine Angst vor ihr; im Gegenteil. Ja, sie wisse schon, dass er nicht nur sie so ansehe, sondern alle Frauen. Und nochmals ja, sie werde trotzdem alles daran setzen, sich mit Albert alleine zu treffen. Je eher, desto besser.


Noch im gleichen Herbst war die P. schwanger, und drei Tage nach ihrem eigenen achtzehnten Geburtstag bekam sie einen Jungen, den sie Albert junior nannte. Sie und Albert senior heirateten ein Jahr später, direkt nach dem Abitur, die P. war neunzehn, ihr Mann ein Jahr jünger.

Die P. wusste, was sie wollte. Schon als Mädchen.

Freitag, 25. August 2006

Bücherverbrennung

Als ich mir eben in der Mittagspause für die Heimfahrt einen schicken, schwarzen Neoprenrock samt Bluse aus dem gleichen Material besorgt hatte kam ich an einer Buchhandlung vorbei. Gar nicht gut. Denn da kann ich einfach nicht dran vorbei gehen. Ich komme nicht gegen diesen Sog an, der mich --whoosh!-- wie in ein schwarzes Loch hineinsaugt in jede Buchhandlung, die mir auflauert. Andere Menschen saufen, fressen, schnüffeln oder fixen, meine Suchtauslöser sind Bücher und Buchstaben.

Das Ritual läuft immer gleich ab, wie das eben so ist bei einer anständigen Sucht. So wie der Säufer morgens mit Bier, Kognak, oder auch nem Klaren anfängt, suche ich mir zunächst immer die Regale mit den Bestsellern. Von dort aus mäandere ich dann durch den Laden, solange bis ich irgendwo an einem Buch hängenbleibe, mich einlese und das Ding schließlich zur Kasse schleppe, weil ich nicht loskomme. Hooked!

Diesmal komme ich aber nicht weiter als bis zu den Bestsellern. Platz eins: Höhenrausch von Ildikó von Kürthy.


Was man mit so einem Namen alles machen könnte, denk ich mir oft. Alles wäre da drin! Ildikó mit Akzent! Von!! Kürthy mit Ypsilon!!!
Oder: ildiko -dot- twoday -dot- net … Wahnsinn, oder? Heute schon ge-ildikot?

Und was macht diese Frau aus ihrem Namen?!

Man weiß ja vielleicht bereits, dass ich nicht ausgesprochen prüde bin. Also habe ich bestimmt kein Problem mit der Thematik, der Frau Kürthy ihr literarisches Lebenswerk widmet; etwa weiblichen Fußabdrücken an der Innenseite von Windschutzscheiben. Wahrscheinlich befasst sich die gesamte Menschheit sowieso zu zwei Dritteln ihrer Zeit mit der Frage nach Topf und Deckel.

Aber vom Mondscheintarif bis zum Höhenrausch lässt die Kürthy kein Klischee aus, das je über Frauen und Frausein gepflegt wurde: Männer, Kuscheltiere, Gewichtsprobleme. Klassisch, harmlos, seicht, armselig! Ich fühle mich persönlich beleidigt von dieser Darstellung der [edit] befreiten modernen Frau.


Was? Ich soll mich nicht aufregen? Ich rege mich doch nicht auf! Rege ich mich etwa auf? Habe die Buchhandlung dann fluchtartig verlassen, um meine To-do-Liste für das Wochenende aufzustellen:

1. Blickdichte Strumpfhose oder Sturmhaube kaufen.
2. 10 Benzinkanister und ein Zippo besorgen, oder alternativ nachfragen, wo man diese Bombenbastelanleitung im Internet findet.
3. Adresse des Logistikzentrums des Wunderlich Verlages herausfinden.

Warum?

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Diesen Eindruck hatte ich ja in der vergangenen Diskussion...
Der Mister - 25. Okt, 16:43
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Nö, nicht ganz alleine. Aber halllo. Ich sag nur nix...
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Exzenter - 18. Okt, 19:00
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Exzenter - 14. Okt, 22:24
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Exzenter - 9. Okt, 23:56

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